21. Januar 2022
Aktuelles|Stiftungsgründung|Stiftungsvermögen

Aufgabenverteilung in den Stiftungsgremien

Was müssen Gremiumsmitglieder beachten, wenn sie bei einer rechtsfähigen Stiftung tätig sind?

Organtätigkeit – Stiftungsvorstand

Der Stiftungsvorstand ist das wichtigste und einzige gesetzlich vorgeschriebene Organ einer Stiftung (§81 BGB).
Er vertritt die Stiftung nach außen und übernimmt nach innen die Leitung der Stiftungsgeschäfte. Die Tätigkeit kann sowohl ehrenamtlich als auch hauptamtlich ausgeführt werden. Im Normalfall geht der Gesetzgeber (Stiftungsaufsicht/Stiftungsbehörde) von einer unentgeltlichen Tätigkeit aus (§27 BGB Abs. 3). Die Gremiumsmitglieder haben lediglich Anspruch auf Ersatz tatsächlicher getätigter Aufwendungen (§670 BGB). Des Weiteren können ehrenamtlich Tätigkeiten durch die Ehrenamtspauschale (§3 Nr. 26 und Nr. 26a EstG) honoriert werden.

Zu den Hauptaufgaben und zur Leitung der Stiftungsgeschäfte gehören:

  • Vertretung der Stiftung nach außen
    (repräsentative Aufgaben, Verträge abschließen z.B. Depotverwaltungsvertrag, Mietvertrag etc.)
  • Geschäftsführung der Stiftung
    (betreiben des Tagesgeschäft, verantwortet die Projekte, Erfüllung des Stiftungszweckes etc.)
  • Verwaltung des Stiftungsvermögens
    (Hauptaufgabe ist die ordnungsgemäße Verwaltung des anvertrauten Stiftungsvermögens)

Gleichzeitig gehen daher mit den Tätigkeiten und Verantwortung Risiken einher.
Fehler in der Vermögensverwaltung können z.B. entstehen, dass keine ausreichenden ordentlichen Erträge erwirtschaftet werden und somit die Zweckverwirklichung gefährden. Um sich diesen Risiken bewusst zu sein, erlässt der Stiftungsvorstand eine Anlagerichtlinie für das anvertraute Vermögen. Ebenso eine Förderrichtlinie, um die Zwecke wirkungsvoll zu fördern.

Somit wird Stiftungsvorständen im Tagesgeschäft nicht langweilig. Es müssen Sitzungen ordnungsgemäß einberufen und gehalten werden. Beschlüsse müssen auf Basis der Satzung ordnungsgemäß gefasst werden. Kooperationspartner, externe Dienstleister (z.B. Stiftungsberater, Vermögensverwalter, Banken, Hausverwalter etc.) müssen identifiziert und ausgewählt werden. Evtl. muss der Stiftungsvorstand auf einen geeigneten Versicherungsschutz (Haftpflichtversicherung, Sachwerte-Versicherungen, Immobilienversicherung etc.) achten.

Letztendlich ist der Stiftungsvorstand ähnlich in der Pflicht wie ein Geschäftsführer einer GmbH. Darum gibt der Gesetzgeber nun durch die Stiftungsrechtsreform, die am 1. Juli 2023 rechtskräftig wird, eine Business Judgement Rule vor. Darunter versteht man die Einhaltung von Sorgfaltspflichten für Stiftungsgremien, um – wenn man sich daran hält – rechtssicher anlegen zu können. Grundsätzlich ist es jeder Stiftung freigestellt, alles frei zu entscheiden, wenn es in das Gesamtbild der Strategie und zum Stifterwillen, inklusive zum Erreichen der Anlageziele, passt. Die Business Judgement Rule (Dokumentationen zur Anlage des Stiftungsvermögens) wird das Haftungsrisiko für Stiftungsorgane reduzieren und es ihnen ermöglichen, bei der Anlage des Stiftungsvermögens künftig auch (maßvolle) Risiken einzugehen.

Zum Tagesgeschäft zählen auch das Eintragen ins Transparenzregister , ggf. die Beantragung einer LEI (Legal Entity Identifier-Register) . Es empfiehlt sich je nach Aufwand und Zweckverwirklichung mindestens halbjährlich eine Stiftungsvorstandsitzung einzuberufen, um folgende jährlichen Aufgaben zu gewährleisten:

  • Förderanträge zu sichten und Entscheidungen über die Weitergabe der Fördermittel zu treffen;
  • Erstellen eines Geschäftsberichts und Weiterleitung an die Aufsichtsbehörden (bzw. Finanzamt)

Individuell können weitere Aufgaben und Termine auf den Stiftungsvorstand zukommen, z.B. Öffentlichkeitsarbeit, Fundraisingmaßnahmen, Aufbau eines Stiftungsnetzwerkes, Austausch mit Projektverantwortlichen, Initiierung von eigenen Projekten, Maßnahmen, Aufbau von Stiftungseinrichtungen, Betreibung von Zweckbetrieben und/oder wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben.

Kurzum – je mehr gemeinnütziges Engagement vom Stifter bzw. Stifterin gewünscht und gefordert ist, je mehr Aufwand (Zeit und Personal) bedeutet es für die ehrenamtlichen Gremiumsmitglieder. Ist die Stiftung so aufgestellt, dass auch hauptamtliche bzw. nebenberufliche Vorstände tätig sein können, sollte dies auf das Gemeinnützigkeitssteuerrecht abgestimmt sein.

Ebenso gilt dies auch bei Familienstiftungen bzw. Unternehmensstiftungen. Es kommt drauf an, wie viel zeitlichen Einsatz bei einer privatnützigen Stiftung seitens des Stifters/der Stifterin gewünscht ist.

Organtätigkeit – Stiftungsrat /Kuratorium /Beirat /Aufsichtsrat

Das Zusatzorgan in Stiftungen hat die verschiedensten Bezeichnungen. Das kommt daher, dass der Gesetzgeber lediglich ein einziges Organ – also den Vorstand – vorschreibt. Bei der Stiftungsgründung wird festgelegt, ob es ein weiteres Organ oder sogar noch ein drittes Organ benötigt wird. Bei Stiftungen zur Förderung von Wissenschaft und Forschung oder auch zur Förderung von Umwelt- und Naturschutzthemen sieht man gelegentlich in der Praxis, dass neben dem Kuratorium noch einen fachlichen Beirat (als beratendes Organ) implementiert ist.

Da es gesetzlich kein weiteres Organ neben dem Vorstand vorgesehen ist, bestehen auch keine Vorschriften und wenig Beschränkungen bezüglich der Aufgaben. Die Rechten und Pflichten hängen daher von der Bestimmung des Stifters/der Stifterin ab, was in der Stiftungssatzung festgelegt wurde. Also bei der Stiftungserrichtung sollte sich der Stifter/die Stifterin überlegen, ob ein reines Aufsichtsorgan gewünscht ist, oder ob auch weitere Aufgaben durch das Organ übernommen werden sollen.

In der Praxis besteht häufig die Aufgabe des Stiftsrates/Kuratoriums darin, den Vorstand zu entlasten, den Vorstand zu kontrollieren und beratend bei seinen Entscheidungen zur Seite zu stehen. Stiftungsräte/Kuratoriumsmitglieder werden daher vornehmlich von Personen besetzt, die über bestimmte Fachkompetenz und Erfahrungen verfügen, um den Stiftungsvorstand bestmöglich zu unterstützen. Enge Vertraute des Stifters oder auch der Stifter/die Stifterin selbst setzen sich oft in der Praxis als Stiftungsrat/Kuratorium ein. So kann er oder sie weiterhin die Kontrolle über die Stiftung ausüben.

Bei Unternehmensstiftungen kann das Kontrollorgan die Stellung eines Aufsichtsrates einnehmen.

Haftung als Kontrollorgan

Grundsätzlich haften alle Organmitglieder im Falle einer Pflichtverletzung für den daraus entstandenen Schaden mit ihrem Privatvermögen. Dies gilt bereits bei leichter Fahrlässigkeit. Mit einer entsprechenden Regelung in der Satzung gilt eine Haftungserleichterung für ehrenamtlich tätige Organmitglieder, deren Vergütung nicht mehr als 840 EUR im Jahr beträgt. Bei großen Stiftungen mit entsprechendem Haftungspotenzial kann sich der Abschluss einer D&O-Versicherung empfehlen.

Ausbildung und Fortbildung zum Stiftungsmanager/zur Stiftungsmanagerin

Um immer auf dem aktuellsten Informationsstand zu bleiben, gibt es über diverse Stiftungsakademien die Möglichkeit, sich zum Stiftungsmanager ausbilden zu lassen bzw. sich über Seminare zu den einzelnen Themenschwerpunkten fortzubilden: Nachhaltigkeit, ESG-Investing, Stiftungsrecht, Stiftungssteuerrecht, DSGVO, Öffentlichkeitsarbeit, Projektmanagement, Fundraising, Spenden & Sponsoring bis hin zum Geschäftsführer oder Geschäftsführerin für Stiftungen.

Haben Sie Fragen zur Ausgestaltung Ihrer Stiftung und zur Organbesetzung? Nehmen Sie gerne Kontakt zu unseren Stiftungsexperten auf!

Hans-Dieter Meisberger
Leiter Stiftungen|öffentl. Einrichtungen|NPOs| Reg.Süd| Private Wealth Management
DZ PRIVATBANK S.A.
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